Die Zukunft des europäischen Projekts

Future and outlook

Thierry Chopin,  

Jean-François Jamet

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12. September 2016
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Chopin Thierry

Thierry Chopin

Head of research of the Robert Schuman Foundation, associate professor at the Catholic University of Lille (ESPOL)

Jamet Jean-François

Jean-François Jamet

Lecturer on European and International Economic Policy at Sciences Po.

Die Zukunft des europäischen Projekts

PDF | 295 koAuf Deutsch

So wie sie ursprünglich entstand, geleitet vom Ziel des freien Handels und unter größtmöglicher Einschränkung einer vertieften supranationalen Zusammenarbeit, kann die Europäische Union nicht den Schutz bieten, den die Europäer derzeit erwarten. Die Pax Europaea, für die die EU den Nobelpreis erhielt, ist weder ein Garant für den sozialen Frieden in Zeiten der Wirtschaftskrise noch für die innere Sicherheit in Zeiten des Terrorismus, und auch sichere Außengrenzen kann sie nicht gewährleisten. So überrascht es nicht, dass sich Bürger verstärkt auf ihre Nationalstaaten besinnen. Diese mögen zwar häufig wirtschaftlich und politisch geschwächt sein, sind jedoch nach wie vor für den Hauptteil der hoheitsrechtlichen Aufgaben zuständig, im Wesentlichen auch für den Schutz der Bürger. Dabei zeigen Meinungsumfragen, dass sich die europäischen Bürger gerade in diesen Belangen mehr Engagement auf europäischer Ebene wünschen.[2]

Die europäische Einigung scheint unmittelbar bedroht: Angesichts der aufgehobenen Binnengrenzen besteht die Gefahr eines Übergreifens (geografischer und ökonomischer) Krisen der Peripherie auf das Zentrum, ohne dass die EU über ausreichende Mittel verfügen würde, angemessen zu reagieren und ein gemeinsames und solidarisches Handeln zu gewährleisten. Die Unfähigkeit der Union, ihre Mitgliedstaaten, außer in Währungsbelangen, zu verteidigen, unterscheidet sie grundlegend von anderen Staatenbündnissen, bei denen ebendiese Fähigkeit sogar die Grundlage ihrer kollektiven Identität sowie der politischen Legitimität der gemeinschaftlichen Institutionen darstellt.

Vor diesem Hintergrund befasst sich die vorliegende Analyse noch einmal mit den Faktoren, die bis dato den Prozess der europäischen Einigung getragen haben und untersucht sowohl Ursachen als auch Folgen ihrer Erschöpfung. Darauf aufbauend werden die theoretischen und praktischen Voraussetzungen einer Erneuerung des europäischen Einigungsprojekts diskutiert, mit dem Ziel, die Werkzeuge bereitzustellen, die die EU benötigt, um die Erwartungen der Europäer an Wirtschaft,Sicherheitspolitik und an die Gewährleistung rechtsstaatlicher Prinzipien zu erfüllen.

Droht nun ein Auseinanderbrechen der EU?

Was bleibt vom Gründungsmythos -

Frieden, Binnenmarkt und dann?

Die Merkmale der aktuellen europäischen Krise[3] lassen sich leicht identifizieren: wirtschaftliche Unsicherheit, institutionelle Schwächung und das Fehlen einer klaren, effizienten und legitimen politischen Führung; außerdem Erstarken national-populistischer politischer Strömungen, politische und gesellschaftliche Umbrüche im südlichen Mittelmeerraum, Zunahme des religiösen Fundamentalismus, eine neue Weltunordnung[4] mit ihren ganz eigenen Herausforderungen sowie die unsichere Stellung Europas in den derzeitigen weltwirtschaftlichen und geostrategischen Machtverschiebungen. Wie schwierig es sich gestaltet, gemeinsame politische Ziele auf EU-Ebene wiederzubeleben, zeigt, dass die Erzählungen, die die europäische Einigung bislang legitimierten, an Bindekraft verloren haben.[5] Wenn man die europäische Krise verstehen will, muss man zurückblicken auf die Entstehung der EU und ihre Gründungsmythen, deren Wirkungsmacht heute erschöpft scheint.

Zu Beginn leistete die europäische Einigung vor allem Versöhnungsarbeit, die nach zwei Weltkriegen dringend nötig war. Indem sie die Logik der Macht verwarf, entspannte sie nationalstaatliche Rivalitäten, was wiederum eine politische Stabilisierung und Befriedung des europäischen Kontinents nach sich zog. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Wirtschaft, insbesondere nachdem Frankreich 1954 gegen die Europäische Verteidigungsgemeinschaft stimmte, obwohl es diese ursprünglich selbst initiiert hatte. Die Wirtschaft war zunächst Mittel zum Zweck: Der Schuman-Plan zielte darauf ab, dass die durch den europäischen Binnenmarkt geschaffene "faktische Solidarität" gemeinsame wirtschaftliche Interessen entstehen lassen und dadurch die Überwindung nationaler Egoismen ermöglichen würde. Unter dem Schutz der NATO konnte sich der europäische Diskurs zudem die mobilisierende Wirkung der sowjetischen Bedrohung zunutze machen und sich auf die "historische Aufgabe" der Einigung des Kontinents berufen. Diese erste Phase dauerte bis zum Beginn der 1990er-Jahre, als angesichts des Zusammenbruchs des kommunistischen Blocks das "Ende der Geschichte"[6] ausgerufen wurde.

Die zweite Phase begann eigentlich bereits kurz zuvor; der damalige Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, hatte sie, unterstützt durch Mitterrand und Kohl, eingeläutet. Nachdem Frieden und Aussöhnung erreicht waren, sollten nun Wohlstand und Solidarität den Zuspruch der Europäer zum Projekt eines erweiterten Europas sichern. So war die wirtschaftliche Kooperation zu Beginn der 1990er-Jahre, in einem befriedeten und versöhnten Europa, nicht länger nur Mittel zum Zweck; mit dem europäischen Binnenmarkt - dem größten einheitlichen Markt der Welt - und dem Euro als zentralen Elementen rückte die Wirtschaft in den Mittelpunkt. Mit sichtbarem Erfolg: Niemals zuvor in seiner Geschichte war Europa so frei und so wohlhabend, denn nie war es in so geringem Maße der Logik innerer Machtkämpfe unterworfen. Zu verdanken haben die EU-Mitgliedstaaten dies in erster Linie dem Einigungsprozess. Und gelänge es der EU, ein tatsächlich wirtschaftlich und politisch integriertes Ganzes zu bilden, könnte sie die Hebelwirkung besser nutzen, die ihr dank ihres Gewichts im wirtschaftlichen Globalisierungsprozess zustünde.[7] Aber diese Entwicklungslogik wurde durch die Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre sozialen und politischen Folgen gebrochen.

Die Dynamik der nationalen Sichtweisen

Historisch betrachtet ist die europäische Integration das Produkt des Zusammenwirkens verschiedener Einigungsfaktoren, verknüpft mit nationalen politischen Interessen. Interne Faktoren waren Aussöhnung, Befriedung, Demokratisierung und wirtschaftliche Integration; externe Faktoren waren der Kalte Krieg, die Suezkrise, die Entkolonialisierung, das Ende der Sowjetunion und die deutsche Wiedervereinigung. Jeder Mitgliedstaat verfolgt eigene Ziele und hat eine jeweils spezifische Auffassung seiner Zugehörigkeit zum geeinten Europa. Man denke an den Ausspruch des früheren Sicherheitsberaters von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski: "Frankreich erhofft sich durch Europa seine Wiedergeburt, Deutschland seine Erlösung."[8] Das Vereinigte Königreich und die Länder Nordeuropas (die in der europäischen Einigung eine Art geografische Reserve darstellen) haben ihrerseits traditionell stets eine "Optimierung" ihrer nationalen Interessen im Sinne eines "utilitaristischen" Kosten/Nutzen-Souveränitätskalküls[9] angestrebt. Die süd-, mittel- und osteuropäischen Staaten wiederum folgten einer "Sublimierungslogik", nach der sie einen schnellen Wandel anstrebten, weg von einem politischen und wirtschaftlichen System (Diktatur und Mangelwirtschaft) hin zu einem neuen (liberale Demokratie und Marktwirtschaft). Ungeachtet der Unterschiedlichkeit dieser politischen Zielsetzungen ist die Europäische Union in ihrer jetzigen Form das Ergebnis der Überschneidungen und ausgehandelten Kompromisse zwischen den Einigungsfaktoren und den jeweiligen nationalen Interessen. Seit einigen Jahren haben sich die nationalen Standpunkte jedoch gewandelt.

So stellt sich etwa die Frage, ob Deutschland noch immer nach "Erlösung" strebt. Einige Beobachter haben diesbezüglich behauptet, Deutschland sei "nicht mehr europäisch"[10] - wäre es nicht zutreffender, festzustellen, es habe sich "normalisiert"?[11] Deutschland ist wiedervereinigt und steht als größte europäische Wirtschaftsmacht im Zentrum einer erweiterten EU. Diese Entwicklungen bringen für die Dynamik der europäischen Integration eine reale Veränderung mit sich, die es zu berücksichtigen gilt. Gleichzeitig musste jedoch auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die Interessen der deutschen Steuerzahler in der Eurokrise verteidigte, letztendlich zugeben, wenn der Euro scheitere, dann scheitere auch Europa. Das nationale Interesse deckt sich also nach wie vor mit dem europäischen. Hinzu kommt: Wenngleich die deutsche Wirtschaftsleitung dem Land eine "hemmungslosere" Behauptung seines Modells und seiner nationalen Interessen ermöglicht, scheint die "Erlösungs"-Logik nach wie vor in diplomatischer wie in militärischer Hinsicht eine Rolle zu spielen. Das zeigen die Zurückhaltung und das spätere Abweichen der öffentlichen Meinung von den Positionen der deutschen Regierung zu einer Militärintervention in Syrien oder zum Umgang mit der Flüchtlingskrise.[12]

Frankreich seinerseits verhielt sich lange Zeit widersprüchlich. Es stieß zwar immer wieder ehrgeizige Integrationsvorhaben an, zeigte diesen gegenüber dann jedoch selbst häufig starke Vorbehalte:[13] Zu nennen wären hier etwa die Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (1954), die Blockadehaltung der Politik des "leeren Stuhls" (1965), das französische "Nein" zur EU-Verfassung (2005) und - jüngstes Beispiel - Frankreichs Vorschläge für eine Europäische Wirtschaftsregierung. Im Allgemeinen zeigt die französische Diplomatie eine Vorliebe für zwischenstaatliche Vereinbarungen. Ein Großteil der französischen Öffentlichkeit hegt Vorbehalte gegen eine föderale europäische Demokratie. Es wird befürchtet, durch diese könnten die "französischen Vorstellungen" (eine interventionistische Wirtschaftspolitik, die wichtige Rolle des öffentlichen Dienstes, Misstrauen gegenüber dem Liberalismus, ein Eintreten für ein sowohl soziales als auch mächtiges Europa) in der europäischen Debatte überstimmt werden, insbesondere in einer auf 28 Mitgliedstaaten erweiterten Union.[14]

Dies ist eine der Lehren aus dem französischen "Nein" zur europäischen Verfassung im Jahr 2005. In den vergangenen zehn Jahren wurde Frankreich politisch, wirtschaftlich und sozial weiter geschwächt, was zu einem Anstieg des Euroskeptizismus in politischen Führungskreisen wie in der öffentlichen Meinung geführt hat.[15] Vor diesem Hintergrund glaubt Frankreich scheinbar nicht mehr an seine "Wiedergeburt" in einer wirtschaftsliberalen, föderalistischen und erweiterten Union, mit der es sich nicht identifizieren kann, und hat sich auf die Suche nach einer neuen europäischen Erzählung begeben.[16]

Wie steht es um die südeuropäischen Länder? Streben sie noch nach "Sublimierung" durch die EU? In Zeiten, da "Europa" als externe Macht wahrgenommen wird, die ihnen eine als unrechtmäßig betrachtete Sparpolitik "aufzwingt" (so entstand in Portugal in Anlehnung an die EU-Troika der neue Begriff "troicado", übersetzt so viel wie "reingelegt werden") und die weder die Lösung für politisch-institutionelle Funktionsstörungen wie Korruption[17] (Beispiel Griechenland) bietet noch Schutz vor illegaler Einwanderung (Beispiel Italien). Und wie steht es um die mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländer in einem Umfeld der Rückkehr zu nationalistischen Bestrebungen in Zentraleuropa, teils gar im Gewand eines rechtspopulistischen Autoritarismus, wie in Ungarn?[18] Wenn man angesichts der derzeitigen Probleme die Einheit der Europäer festigen und stärken will, bilden diese Entwicklungen die Grundlage, um eine neue europäische Einigung zu definieren.

Wenn Wirtschaft nicht mehr zwangsläufig verbindet

Obschon die Märkte angesichts des doppelten Einsatzes der europäischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht mehr mit einem Zerfall der Eurozone rechnen, ist die Lage doch weiterhin besorgniserregend. Auf ökonomischer Ebene müssen die Krise und ihre sowohl wirtschaftlich-finanziellen als auch sozialen Folgen sehr ernst genommen werden. Dies gilt insbesondere für den Investitionsrückgang und seine Auswirkungen auf das Wachstumspotenzial; die hohe Arbeitslosigkeit in einigen Mitgliedstaaten, die vor allem junge Erwachsene betrifft; den Rückgang der Kaufkraft; die wachsende Armut und die Zunahme sozialer Ungleichheiten. Auf politischer Ebene hat die Krise zu einer Spaltung zwischen Nord- und Südeuropa geführt,[19] die sowohl in den gegenseitigen Erwartungen als auch in den Vorstellungen voneinander spürbar wird. So sieht Deutschland - und mit ihm die nordeuropäischen Mitgliedstaaten - die südeuropäischen Länder in der Bringschuld: Sie sollen beweisen, dass sie fähig sind, einer Wirtschaft zu entsagen, die am Tropf der öffentlichen und privaten Verschuldung hängt. Und sie sollen Strukturreformen in Angriff nehmen, die es ihnen ermöglichen, Steuerflucht, Korruption und Klüngelei wirksam zu bekämpfen. Die durch die Schuldenkrise geschwächten südeuropäischen Mitgliedsländer wiederum hoffen auf die finanzielle Solidarität ihrer europäischen Partner, die ihnen auch tatsächlich zuteilwurde und für die sie im Gegenzug gewisse Verpflichtungen eingehen mussten, vor allem ein verantwortungsvollerer Umgang mit den öffentlichen Finanzen und die Umsetzung von Reformen.

Zwar wurden im Zuge der Krise die grundlegenden Debatten über die Zukunft Europas angestoßen und Anstrengungen unternommen, um die Eurozone zu vervollständigen. Die europäischen Mitgliedstaaten, insbesondere die Euroländer, haben verstanden, dass sie ihre Souveränität gegenüber den Märkten und somit die Fähigkeit, ihre Zukunft selbst zu gestalten, nur zurückgewinnen können, wenn sie die Wirtschafts- und Währungsunion stärken. Mechanismen der finanziellen Solidarität wurden eingerichtet und der Europäische Stabilitätsmechanismus trat in Kraft; es wurden strengere gemeinsame Haushaltsregeln verabschiedet und die wirtschaftspolitischen Steuerungsmechanismen wurden verstärkt (das Gesetzgebungspaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung, auch "Sechserpaket" genannt; der Fiskalpakt; das Gesetzgebungspaket zur haushaltspolitischen Überwachung, auch "Zweierpaket"). Und das Projekt einer Bankenunion hat Fortschritte gemacht; so wurde eine der EZB unterstellte europäische Finanzaufsichtsbehörde geschaffen und ein Abkommen über einen einheitlichen europäischen Bankenabwicklungsmechanismus geschlossen; ein einheitliches europäisches Einlagensicherungssystem ist in Arbeit.

Nichtsdestotrotz gibt es immer noch Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten in Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalunion, insbesondere hinsichtlich der europäischen Einmischung in nationale Entscheidungsprozesse und der Zweckmäßigkeit einer verstärkten Solidarität (z. B. ein glaubwürdiger gemeinsamer Auffangmechanismus für den einheitlichen Bankenabwicklungsfonds, ein einheitliches Einlagensicherungssystem oder ein gemeinsamer Haushalt für die Eurozone in Form einer gemeinsamen Investitionskapazität oder einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung). Weil die Legitimität europäischer Entscheidungen infrage gestellt wird, ist es darüber hinaus notwendig, auch das Problem der politischen Union in Angriff zu nehmen, ein Thema, das nur sehr schleppend vorankommt.[20] Doch angesichts des momentanen politischen Klimas, geprägt vom Erstarken populistischer Kräfte und extremistischer antieuropäischer Parteien, sind viele Staatschefs und Regierungen der Meinung, die politischen Rahmenbedingungen seien ungünstig für eine tiefgreifende Reform der EU und der Eurozone und erachten sie als politisch zu riskant.

Vor allem aber ist zu beachten: Auch wenn die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone überwunden werden konnte, bleibt doch fraglich, ob die Wirtschaft weiterhin die verbindende Rolle spielen kann, die ihr seit Beginn des europäischen Einigungsprozesses zukam. Diese Integrationslogik zerbrach an der Wirtschafts- und Finanzkrise und ihren sozialen Folgen. Darüber hinaus machte die Krise der Eurozone die tiefsitzenden wirtschaftlichen und politischen Gegensätze deutlich, die in den vergangenen Jahren zwischen den Mitgliedstaaten entstanden sind - namentlich zwischen Deutschland und Frankreich. So ist eine der Lektionen aus der Griechenlandkrise, dass die Wirtschaft nicht mehr zwangsläufig verbindend wirkt, sondern sogar spaltet und zum Ausdruck nationaler politischer Machtverhältnisse geworden ist. Die Dynamik der wirtschaftlichen Integration ist zwar notwendig, wird aber nicht mehr automatisch von einer intensiveren Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten begleitet. Und die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit, die durch die Krise noch deutlicher zum Vorschein kam, geht heute einher mit einer Rückkehr zur Logik der Machtverhältnisse. Letztendlich kann die Logik von Konkurrenz und Wettstreit in nächster Zukunft in einigen Fällen mit einem Wiederaufflammen nationalistischer Leidenschaften einhergehen, sowohl in Europa als auch weltweit. Tatsächlich stellt sich sogar die Frage, ob die liberale Gleichung noch zutrifft, der zufolge der sogenannte "doux commerce" (dt. "sanfter Handel") den Frieden fördere.[21] Wie Pierre Hassner kürzlich bemerkte, tendiert die Globalisierung scheinbar dazu, sich zu einer "Globalisierung des Misstrauens und der Feindseligkeit"[22] zu wandeln.

Populismus und die Gefahr nationaler Spaltungen

Beträchtliche Wahlerfolge von Populisten und rechtsextremen Nationalisten stellen eine entscheidende politische Entwicklung dar,[23] auch wenn man deshalb ihre Auswirkungen auf das politische Gleichgewicht im europäischen Maßstab zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht überbewerten sollte.[24] Die Verbreitung der Diskurse dieser politischen Kräfte und die daraus resultierende Beschädigung der zentralen Grundsätze der europäischen Idee bergen jedoch zweifellos die Gefahr eines Rückzugs der EU-Mitgliedstaaten ins Nationale. Ungeachtet ihrer Verschiedenartigkeit ist diesen politischen Strömungen ein anti-europäischer Diskurs gemein, der in einer ganzen Reihe von Mitgliedsländern die politische Agenda und die öffentliche Debatte belastet, vor allem in Frankreich, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Ungarn, aber auch in den nordeuropäischen Ländern. Die Erinnerung an eine von autoritären Regimen geprägte Vergangenheit scheint wiederum andere EU-Staaten zu einem gewissen Grad hiervor zu schützen. So ist der geringere Einfluss der Rechtsextremen in Südeuropa zweifellos darauf zurückzuführen, dass die historische Erfahrung der Diktatur im Wählerbewusstsein gewisse Schranken gegenüber der Entwicklung autoritärer Diskurse geschaffen hat; das Phänomen des politischen Gedächtnisses muss insofern bei der Analyse berücksichtigt werden. Nichtsdestotrotz gibt es auch Fälle (z. B. Griechenland), die belegen, dass auch eine solche Erinnerungskultur keine ausreichende Garantie bieten kann.

Vor diesem Hintergrund entwerfen die nationalistisch eingestellten Souveränisten ein defensives und geschlossenes Bild der europäischen Nationalstaaten und werben für eine Grenzschließung im Sinne eines Einwanderungsstopps sowie für eine Beschränkung der Personenfreizügigkeit innerhalb der EU. Demgegenüber vertreten die Antiliberalen die Ansicht, dass der europäische Einigungsprozess einer "neoliberalen" Logik folge, welche die nationalen Systeme der sozialen Sicherung zerstöre und daher bekämpft werden müsse. Einige Strömungen schließlich vereinen diese beiden Visionen zu dem, was teilweise als "linker Souveränismus"[25] bezeichnet wurde. Diese Renationalisierung der europäischen Politik, wahrscheinlich auch eine Folge der erheblichen Wahlerfolge populistischer Strömungen - linker wie rechter Prägung - und rechtsextremer Nationalisten, kann jenseits der bloßen Entstehung national-populistischer Strömungen[26] sehr verschiedene Formen annehmen und ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die EU haben:

Bestrebungen der nationalen Entscheidungsorgane, Beschlüsse zu kontrollieren, die auf EU-Ebene getroffen werden und deren demokratische Legitimität infrage gestellt wird, z. B. in Deutschland;

Bestrebungen einiger Mitgliedstaaten - allen voran das Vereinigte Königreich –, die Bedingungen ihrer Beziehung zur EU neu zu bestimmen;

die Entstehung separatistischer Bewegungen in einzelnen EU-Mitgliedstaaten (Katalonien, Schottland usw.).

Darüber hinaus haben die wiederholt auftretenden Krisen der letzten fünf Jahre beträchtliche Auswirkungen auf das Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander: deutsch-französische Verstimmungen; eine Nord-Süd-Spaltung; der Status des Vereinigten Königreichs innerhalb der EU; in Bezug auf die Flüchtlingskrise ein Ost-West-Konflikt.[27] Angesichts der terroristischen Attentate in Paris, Brüssel und Nizza gab es zwar zahlreiche Aufrufe zu Solidarität und Einigkeit. Es steht jedoch zu befürchten, dass diese neuartigen Tragödien die Unstimmigkeiten eher noch verstärken, sowohl auf nationaler Ebene als auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten. So hat die Frage, ob sich Dschihadisten unter den asylsuchenden Flüchtlingen befinden, schon jetzt die Einwanderungsdebatte belastet. Zwischen den aufgrund ihrer geografischen Lage primär betroffenen Mittelmeeranrainern, die der Nachlässigkeit beschuldigt werden (besonders Griechenland), und den mitteleuropäischen Ländern, welche die "Gefahr" multikultureller Gesellschaften heraufbeschwören, gibt es jede Menge Fallstricke. Und auch die Sicherheitspolitik ist ein heikles Thema: Fehler der Sicherheitsdienste der jeweils anderen EU-Mitglieder wurden angeprangert (Belgien steht dabei im Zentrum der Kritik). Vor diesem Hintergrund kann das gegenseitige Misstrauen nur wachsen, und der Schengenraum steht mit der Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen und dem Bau von Schutzmauern und Sicherheitszäunen zwischen Staaten unter einem nie dagewesenen Druck.[28]

Die europäische Einigung ist hierdurch bedroht: Wenn die europäischen Spitzenpolitiker nicht die Reformen anstoßen, die es der EU erlauben, ihre gegenwärtige Ohnmacht zu überwinden, wird die europäische Öffnung einem Rückzug ins Nationale weichen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein solcher Rückzug mehr Lösungen als neue Probleme mit sich bringt. Vor allem bietet eine Renationalisierung keine Lösungen für Probleme an, die den nationalen Rahmen sprengen: Sie wird nicht für weniger Geflüchtete in Europa sorgen, sie wird die wirtschaftliche Schwächung nicht beheben, sie wird die Politik nicht moralischer machen und sie wird die Terrorgefahr nicht beseitigen. Das eigentlich Entscheidende ist, dass festgelegt wird, welche politischen Strategien verfolgt werden - und in dieser Frage geht ein Riss durch die nationalen Debatten. Schließlich würde der Rückzug ins Nationale auch die europäischen Unstimmigkeiten nicht beheben, im Gegenteil. Die Verbitterung über "Brüssel" würde sich in einen Groll auf die europäischen Nachbarstaaten verwandeln. Letzteren käme erneut die Rolle des Sündenbocks zu, die sie vor Beginn des europäischen Einigungsprozesses hatten und die schon jetzt gelegentlich wieder durchschimmert. Die Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten wäre ein Rückfall in eine Geschichte der politischen Spaltungen, die der europäische Einigungsprozess nicht beseitigt, sondern lediglich eingehegt hat.

Für eine Wiederbelebung des europäischen

Einigungsprozesses

Die illusorische Option des Status quo

Angesichts der politischen Differenzen könnte ein Festhalten am Status quo, kurzfristig betrachtet, verlockend wirken; die Hindernisse scheinen zu zahlreich, um eine wirkliche, gemeinsame Zukunftsvision für Europa zu erlangen. Diese Situation herrscht seit dem Vertrag von Maastricht, der mit der Schaffung des Binnenmarktes und der Einführung des Euro die letzten großen Strukturprojekte der EU auf den Weg brachte. Die Gründe für diese Schwierigkeiten, ein neues mittel- bis langfristiges Projekt für "Europa" ins Auge zu fassen, sind hinlänglich bekannt:[29] das Fehlen einer europäischen Führung bei gleichzeitiger Stärkung des Intergouvernementalismus (d. h. zwischenstaatliche Zusammenarbeit setzt sich zulasten supranationaler Kooperation durch);[30] des Weiteren gibt es vor dem doppelten Hintergrund eines verschärften globalen Wettbewerbs und der größten Weltwirtschaftskrise seit der Großen Depression der 1920er- und 1930er-Jahre eine Tendenz zum Rückzug auf nationale Interessen; und schließlich birgt vor allem ein alterndes Europa die Gefahr, sich im Status quo einzurichten und Veränderungen abzulehnen. Unter diesen Umständen könnte man leicht der Versuchung erliegen, keine weiteren Anstrengungen zu unternehmen; man würde die EU bestenfalls auf der Grundlage, auf der sie entstanden ist, konsolidieren.

Dies wäre ein schwerer Fehler, und der Status quo langfristig nicht aufrechtzuerhalten.[31] Wenn die wiederholten Krisen der EU eines gezeigt haben, dann, dass die europäische Governance an ihre Grenzen stößt, und zwar in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit wie auch auf ihre Legitimität. Das Missverhältnis zwischen der gegenwärtigen Funktionsweise der europäischen Institutionen und den Erfordernissen der Krise tritt immer deutlicher zutage. Die diplomatischen Verhandlungen nehmen zu viel Zeit in Anspruch, und so ist nach und nach der Eindruck entstanden, dass die EU der Krise stets einen Schritt hinterherhinkt. Zudem wirkt diese Funktionsweise der EU sehr beängstigend: Der Verhandlungsausgang ist stets ungewiss, die Positionen der einzelnen Regierungen scheinen häufig allein dem Wahlkalender geschuldet, die von den Regierungschefs im EU-Rat getroffenen Entscheidungen können im Nachhinein auf nationaler Ebene infrage gestellt werden (insbesondere zu einem Zeitpunkt, da viele europäische Regierungen in ihren Ländern politisch geschwächt sind). Die daraus resultierende Ungewissheit führt bei den Bürgern zu einem erhöhten Unsicherheitsgefühl. Nicht zuletzt entsteht durch das "Krisenmanagement", das dem Europäischen Rat eine Führungsrolle zuweist, aus ihrer Sicht auch ein Problem der Lesbarkeit und Legitimität von Entscheidungen: Es findet keine echte demokratische Debatte auf europäischer Ebene statt, die in einem gemeinsamen politischen Mandat münden würde, das mehr als die bloße Aneinanderreihung von 28 (oder 27) auf nationaler Ebene beschlossener politischer Mandate wäre. Wie Benoît Coeuré zu Recht betont, "speist sich die Daseinsberechtigung des [intergouvernementalen Ansatzes] daraus, dass die gemeinsamen Entscheidungen der Zustimmung jedes Mitgliedstaats bedürfen. Wobei die Erfahrung jedoch zeigt, dass dies nicht deren Annahme auf nationaler Ebene garantiert. Außerdem verhindert er weder eine Polarisierung der Debatte auf europäischer Ebene noch kann er die Versuchung nationalistischer Haltungen vollkommen ausschalten".[32] All das ist mit politischen und ökonomischen Kosten verbunden. Populistische und extremistische Parteien gewinnen in Europa an Boden, prangern die Schwächen der Demokratie an, insbesondere auf europäischer Ebene, und lehnen das gegenwärtige politische und wirtschaftliche System ab. Letztlich ist dieser Ansatz nicht einmal aus nationaler Perspektive befriedigend. Weil die Entscheidung über jegliche europäische Politik immer nur das Ergebnis diplomatischer Verhandlungen mit den Staats- und Regierungschefs der anderen Mitgliedsländer sein kann, können die Regierenden in ihren jeweiligen internen demokratischen Debatten keine Verpflichtungen bezüglich einer europäischen Politik eingehen, die sie nach ihrer Wahl auch umzusetzen imstande wären.

Nach dem "Brexit": Neudefinition der Beziehung zwischen den "beiden Europas"

Am 23. Juni 2016 stimmte eine Mehrheit der britischen Bürger für einen Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union. Jenseits der wirtschaftlichen, politischen und strategischen Amputation, die der Brexit für die EU darstellt, ist er ein Symbol der Zwietracht - und dies zu einem Zeitpunkt, wo die Mitgliedstaaten der Einigkeit und des Zusammenhalts bedürfen. Der Brexit ist ein Zeichen des politischen "Zerfalls"[33] und schafft einen Präzedenzfall, den die europafeindlichen Parteien bereits für ihre Zwecke zu nutzen versuchen, etwa in den Niederlanden, in Frankreich oder in Italien. Allerdings ist noch nicht absehbar, ob der britische Austritt eher eine Vorbild- oder Abschreckungswirkung entfaltet.

Der Brexit stürzt das Vereinigte Königreich in eine ungewisse Zukunft und in langwierige Verhandlungen über die Austrittsbedingungen und die zukünftigen Beziehungen zur EU.[34] Die anderen europäischen Regierungen sind ihrerseits zwischen zwei widersprüchlichen Prioritäten hin- und hergerissen: Einerseits gilt es, zu vermeiden, dem Vereinigten Königreich allzu schnell eine Alternative zur EU-Mitgliedschaft anzubieten, um nicht den Eindruck zu vermitteln, ein EU-Austritt sei eine einfache Sache. Gleichzeitig muss eine Lösung gefunden werden, um die politische und wirtschaftliche Unsicherheit zu überwinden, die sich zwangsläufig aus dem britischen Votum ergibt. Darüber hinaus ist es an der Zeit, die europäische Konstruktion grundlegend zu überdenken. Als jüngste der Krisen der vergangenen Jahre verdeutlicht der Brexit, wie unabdingbar es ist, die unterschiedlichen Integrationsniveaus in Europa zu rationalisieren und zu klären.[35]

Die Stoßrichtungen der britischen Debatte zeichnen sich derweil immer deutlicher ab: Auf der einen Seite wollen die Strömungen der "remainers" und der gemäßigten "leavers" die politische und finanzielle Stabilität des Vereinigten Königreichs soweit wie möglich erhalten. Ihr Hauptziel ist es, so eng wie möglich mit der EU verbunden zu bleiben und dadurch insbesondere den Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu sichern. Auf der anderen Seite geht es den Verfechtern eines radikaleren Bruchs mit der EU in erster Linie um die Kontrolle der Einwanderung und politische Autonomie, aber auch darum, die globale Ausrichtung des Vereinigten Königreichs zu stärken, die durch die regulatorischen Zwänge der EU beschnitten würde. Für die Vertreter dieser Gruppe ist der scheinbare Widerspruch zwischen Isolationismus und Globalisierungsbestrebungen nur Ausdruck des Wunsches, das Vereinigte Königreich zu einer "großen Schweiz" zu machen, d. h. offen für ausländisches Kapital und wettbewerbsfähig, aber mit Einwanderungskontrolle und frei von unerwünschten europäischen Vorschriften. Von verschiedenen denkbaren Optionen[36] finden zwei besonders oft Erwähnung: das "norwegische" Modell, bei dem sich das Vereinigte Königreich dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anschließen würde; und das "Schweizer" Modell, nach dem bilaterale Abkommen mit der EU verhandelt würden. Für die britische Regierung ist jedoch keine dieser beiden Varianten völlig zufriedenstellend.[37] Da die Optionen des Europäischen Wirtschaftsraums und des Schweizer Modells im Rahmen der bestehenden Strukturen nicht vorstellbar scheinen, könnte das Vereinigte Königreich versuchen, eine Änderung der Regeln für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu erwirken, die nicht zur EU gehörenden EWR-Mitgliedern (z. B. Norwegen) ein gleichberechtigtes Stimmrecht für jene Politikfelder einräumen würde, an denen sie teilhaben, insbesondere solche, die den europäischen Binnenmarkt berühren.[38] Im Gegenzug müsste eine Reform des EWR sicherstellen, dass das EWR-Regelwerk in den Mitgliedstaaten für alle und zum gleichen Zeitpunkt in Kraft tritt. Dies würde die bisherigen Abweichungen vermeiden. Analog dazu müssten gemeinsame Institutionen dafür sorgen, dass die Gesetzgebung auf einheitliche Weise interpretiert und umgesetzt wird.

Eine derartige Vereinbarung böte den Briten einen Kompromiss, der es ihnen erlauben würde, einen radikalen Bruch mit der EU (und dessen wirtschaftliche und politische Folgen) zu vermeiden. Das Vereinigte Königreich bliebe Teil des europäischen Binnenmarktes, es würde weiterhin dessen Regeln befolgen und wäre ebenfalls nach wie vor an deren Festsetzung beteiligt. Es müsste zweifellos weiterhin einen Beitrag zum EU-Haushalt leisten, nunmehr allerdings beschränkt auf bestimmte Politikbereiche (so würde es sich etwa nicht länger an der Gemeinsamen Agrarpolitik beteiligen). Schließlich würden auch die Freizügigkeitsbestimmungen weiterhin für das Vereinigte Königreich gelten. Allerdings könnte im Rahmen des EWR-Abkommens ein Kompromiss über die Bedingungen der Freizügigkeitsbestimmungen für alle EWR-Mitglieder ausgehandelt werden. Überdies bietet das EWR-Abkommen schon jetzt die Möglichkeit, einseitig Schutzmaßnahmen zu ergreifen.[39]

Ein solches Abkommen könnte auf Mitgliedstaaten und Nicht-EU-Mitglieder verlockend wirken, dennoch würde es eine vertiefte Integration sicherstellen. Es könnte zu mehr Klarheit führen, indem die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) an der EU ausgerichtet würde, während der EWR den institutionellen Rahmen für den gemeinsamen Binnenmarkt bilden würde.[40] In einem solchen Szenario stünde die Integration der Eurozone unter einem geringeren Druck, Ad-hoc-Strukturen zu bilden. Ein derartiges Abkommen könnte überdies auch den Beitrittskandidaten eine Alternative eröffnen: Sie hätten dann die Möglichkeit, sich für einen Beitritt zum EWR statt zur EU zu bewerben. Bei diesen Ausführungen handelt es sich um ein reines Gedankenspiel. Aber sie legen nahe, dass der "Brexit" im Wesentlichen tatsächlich dazu führen könnte, das Zusammenspiel der "beiden Europas", also der Eurozone und des europäischen Binnenmarkts, zu überdenken.

Der europäischen Hoffnung neues Leben einhauchen

Acht Jahre nach dem Beginn der Krise muss die Europäische Union zweifellos ihren inneren Zusammenhalt stärken. Vor allem gilt es, die Integration der Eurozone voranzutreiben. Das empfiehlt im Übrigen auch der Bericht "Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden", den der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in enger Zusammenarbeit mit den Präsidenten des Europäischen Rates (Donald Tusk), der Euro-Gruppe (Jeroen Dijsselbloem), der Europäischen Zentralbank (Mario Draghi) und des Europäischen Parlaments (Martin Schulz) ausarbeitete. Dieser "Bericht der fünf Präsidenten" stellt fest: Wenn die Eurozone nicht nur "überleben", sondern "aufblühen" soll, ist eine Entwicklung "hin zu einem System weitergehender Souveränitätsteilung im Rahmen gemeinsamer Institutionen" notwendig, die auf ausreichend starken Legitimitätsmechanismen und "wahrer politischer Rechenschaftspflicht" beruhen.[41] Aber selbst wenn die Stärkung der WWU eine notwendige Voraussetzung für die politische Integration Europas bildet, steht zu bezweifeln, dass sie auch eine hinreichende Bedingung darstellt, um diesen für die Europäer so wichtigen Prozess anzustoßen. Es wäre sogar denkbar, dass genau das Gegenteil zutrifft, denn die Entscheidung für den Euro war in erster Linie eine politische: Aufgrund des politischen Willens, dieses Gemeinschaftsgut und die gemeinsamen Institutionen (insbesondere die EZB, aber auch den Europäischen Stabilitätsmechanismus) zu bewahren, konnte ein Auseinanderbrechen der Eurozone verhindert werden. Und hinter diesem politischen Willen und den gemeinsamen Institutionen steht eine starke Unterstützung der öffentlichen Meinung für den Euro: über zwei Drittel (69 Prozent) der Europäer sprechen sich für den Euro aus, nur ein Viertel dagegen (25 Prozent; 6 Prozent machen keine Angabe).[42] Dieser Zuspruch hat teils ökonomische Gründe (etwa der Schutz vor Wechselkursrisiken), aber auch geopolitische: Der Euro ist das sichtbarste Zeichen eines vereinten Europas. Er ist dadurch zu einem konstitutiven Element der europäischen Identität geworden und spiegelt gemeinsame Interessen im globalen Machtgefüge wider.

Folgt man dieser Logik, so bedarf es dringend der Neubestimmung eines langfristigen politischen Projekts für Europa. Das Erstarken radikaler, populistischer, ja sogar extremistischer, euroskeptischer und europhober Strömungen, im rechten wie im linken politischen Spektrum, ist Ausdruck einer Krise der liberalen europäischen Demokratie, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht.[43] Die Deregulierung wurde mit der katastrophalen Finanzkrise und Steuerskandalen (z. B. Lux-Leaks) in Verbindung gebracht. Und der politische Liberalismus wird zunehmend als ohnmächtig wahrgenommen, insbesondere im Vergleich mit anderen aktuell in der Welt existierenden Modellen: So lässt sich eine Art ängstliche Faszination für das chinesische Modell beobachten; und auch das russische Regime übt auf radikale linke und rechte Kreise eine gewisse Anziehungskraft aus. Die Krise des europäischen Liberalismus drückt sich folglich in einer politischen Krise aus, als deren deutlichstes Anzeichen man die Renaissance populistischer und extremistischer Strömungen in einer Vielzahl europäischer Staaten werten kann.

Die Stärke der liberalen Demokratie besteht nun aber darin, eine Staatsform zu sein, die mit ihren eigenen Mängeln und Unzulänglichkeiten von Natur aus offen umgehen kann. Angesichts der Krise der demokratischen Legitimität geht es deshalb vor allem darum, eine gemeinsame Vision für die Zukunft der europäischen Einigung zu entwickeln, um den Orientierungsverlust der EU zu überwinden. Denn eine Gemeinschaft von Bürgern kann nicht nur auf der Grundlage von Recht, Wirtschaft oder Regulierung existieren; um sie mit Leben zu füllen, bedarf es vor allem eines Gefühls der Zugehörigkeit zu einer selbstgewählten politischen Gemeinschaft. Angesichts der Wirtschaftskrise sehen sich die Verfechter der "offenen Gesellschaft" gezwungen, zuzugeben, dass das Streben nach Gleichheit und Solidarität ebenso wie die Forderung nach wirtschaftlicher und sozialer Absicherung in einer Welt der offenen Märkte grundlegende menschliche Bedürfnisse darstellen - wie auch der Erfolg des Buches von Thomas Piketty über gesellschaftliche Ungleichheiten belegt[44] - und folglich ebenso legitim sind wie das Streben nach Freiheit. In Zeiten der Flüchtlingskrise ist die Aufnahme von Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen, als moralisches Gebot und als Grundrecht zu betrachten; gleichzeitig muss das Bedürfnis nach Sicherheit ebenso ernst genommen werden. Genauso gehören das Recht auf Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit innerhalb des europäischen Binnenmarktes zu den Grundsätzen der EU. Sie dürfen jedoch nicht dazu führen, dass eine Dienstleistung an ein und demselben Ort unterschiedlichen Sozial- und Steuervorschriften unterliegen kann. Das ist die Grundvoraussetzung für einen fairen Wettbewerb und den Schutz der europäischen Sozialmodelle. Die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts zeigt, dass eine Vernachlässigung dieser Forderungen und Wünsche bedeutet, zu riskieren, dass sich extremistische - aktuell anti-europäische - politische Kräfte[45] ihrer annehmen.

Somit scheint es notwendig, den europäischen Liberalismus neu zu begründen und dabei den Schutz der Bürger gegen die Auswüchse und Unzulänglichkeiten des wirtschaftlichen und des politischen Systems ins Zentrum zu rücken. Dies muss im kritischen Bewusstsein für die Grenzen der Organisationsprinzipien unserer Gesellschaften, insbesondere von Staat und Markt, Freiheit und Sicherheit, geschehen; es geht darum, den ideologischen Glauben über Bord zu werfen, nur eines dieser Prinzipien sei deckungsgleich mit dem Allgemeinwohl.

Auf wirtschaftlicher Ebene muss europäischer Liberalismus dementsprechend die Anerkennung der Grenzen sowohl des Marktes als auch des Staates bedeuten. Zum einen ist es offensichtlich, dass man nicht blind einem Markt vertrauen kann, der zur Selbstreferenzialität (lieber mit vielen irren als alleine Recht haben) und Kurzsichtigkeit neigt und brutalen Anpassungsprozessen unterworfen ist. Zum anderen lassen sich staatliche Eingriffe zwar durch externe Effekte und Informationsasymmetrie rechtfertigen, oder durch die Notwendigkeit, gesellschaftliche Benachteiligung aufgrund unterschiedlicher Ausgangspositionen zu kompensieren, um dem Anspruch sozialer Gerechtigkeit zu genügen. Für Institutionen wie Finanzmärkte, Währung und Wettbewerb müssen in der Tat Spielregeln festgelegt werden, um Kontinuität zu gewährleisten. Gleichzeitig muss man jedoch einräumen, dass staatliches Eingreifen weder allwissend noch allmächtig ist, und dass es individuelle Präferenzen (und Anreize) nicht so wirksam abbilden kann wie ein dezentrales Preissystem. Auch die staatliche Intervention birgt Gefahren, im Extremfall etwa politischen Klientelismus, die Besetzung der Schaltstellen durch Interessengruppen, Vetternwirtschaft oder Korruption. Diese Gefahren haben in vielen europäischen Ländern die Kritik der Eliten angeheizt und das Erstarken populistischer Strömungen befördert.

Analog dazu ist es auf politischer Ebene notwendig, die jeweiligen Grenzen der Forderungen nach Sicherheit, Freiheit und Identität anzuerkennen. Jede dieser Forderungen ist zu einem gewissen Grad legitim. Aber das Verlangen nach absoluter Sicherheit stellt eine Bedrohung der Freiheit dar; Freiheit impliziert eine gewisse Unbestimmtheit, die nicht mit einer totalen Überwachung der Bürger vereinbar ist. Der Wunsch nach Sicherheit kann nie eine uneingeschränkte Forderung darstellen, da er sonst zu einer geschlossenen und autoritären Gesellschaft führen würde. Andersherum ist Freiheit nicht möglich ohne ein Mindestmaß an Sicherheit, das darin besteht, dass die eigene körperliche Unversehrtheit keiner Gefahr ausgesetzt ist oder vom guten Willen anderer abhängt und dass wenigstens eine minimale soziale Absicherung gegeben ist. In Abwandlung des ersten Grundsatzes der sozialen Gerechtigkeitsprinzipien nach Rawls[46] ließe sich feststellen, dass das Ziel unserer Gesellschaften darin bestehen sollte, nach dem größtmöglichen Maß an Sicherheit und Freiheit für den Einzelnen zu streben, das mit einer verfassungsrechtlich geschützten, umfassenderen Menge von Grundfreiheiten und einem Mindestmaß garantierter Sicherheiten vereinbar ist. Dieser Grundsatz rechtfertigt staatliches Eingreifen im Rahmen hoheitlicher Aufgaben, mit dem Ziel, die öffentlichen Freiheiten zu schützen und in ihrem Namen auch die innere und äußere Sicherheit zu bewahren.

Aber auch wenn die Europäische Union über eine gewisse Anzahl an Instrumenten verfügen mag, um das reibungslose Funktionieren der Märkte zu gewährleisten (insbesondere durch ihre Vorrechte in Bezug auf den Wettbewerb, die Regulierung des Binnenmarktes oder in Währungsfragen), muss man doch ihre Schwäche in verschiedenen ordnungspolitischen Bereichen erkennen. Insbesondere ihre Fähigkeit zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Zyklen im Haushaltsbereich und ihre Rolle bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit und des Rechtsstaats (z. B. in Korruptionsbekämpfung, Antiterrorkampf, Verteidigung oder Sicherung der EU-Außengrenzen) sind sehr begrenzt. So waren die europäischen Institutionen unvorbereitet auf die Wirtschaftskrise und die Forderung nach einer Stärkung des Rechtsstaats und der Sicherheitspolitik. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass zahlreiche Protestparteien das europäische Handeln nicht weniger kritisch betrachten als die nationale Politik der einzelnen Staaten.

Diese Ausführungen skizzieren die Umrisse eines europäischen Projekts, das sich den besseren Schutz seiner Bürger zur Aufgabe machen würde. Im Hinblick auf die länderübergreifende Bedrohung des Terrorismus etwa sollten die EU-Mitgliedstaaten ihre Kräfte im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit in den Bereichen Polizei und Geheimdienste, Justiz aber auch Verteidigung bündeln, Letzteres durch die Erneuerung eines strategischen Europas.[47] Hier sind die jüngsten Vorschläge für eine Stärkung von Frontex ein gutes Beispiel für Maßnahmen, die angestoßen und umgesetzt werden müssen: die Entwicklung eines integrierten Grenzschutzes, der eine größere Bandbreite von Akteuren einbezieht (Küstenwache und Zoll) und die Förderung des Übergangs zu einem System - nicht mehr im Dienste der Staaten, wenn diese bereit sind, sich an die EU zu wenden, sondern im Dienste der EU und des reibungslosen Funktionierens des Schengenraums –, das befugt ist, an den EU-Außengrenzen einzugreifen, ohne dass dafür eine vorherige Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaates notwendig wäre. Ein weiteres konkretes Beispiel zur Gewährleistung eines gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus, ebenso wie gegen Korruption und andere Verbrechensformen, wäre die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft (eines Ermittlungsrichters). Dies kann tatsächlich bereits im Rahmen der bestehenden Verträge (Artikel 86 AEUV) geschehen, die auch die Möglichkeit einräumen, dass einige Staaten eine Vorreiterrolle übernehmen, wenn andere zunächst noch abgeneigt sind. Eine solche Initiative könnte dem gegenwärtigen Gefühl vieler europäischer Bürger, Europa sei ein offener, ungeschützter Raum, etwas entgegensetzen.

Einigkeit angesichts äußerer Herausforderungen

Es ist notwendig, die politische Dimension Europas auch unter externen Aspekten zu beleuchten, die allzu oft und übermäßig vom Imperativ der internen Kohäsion abgekoppelt werden. Eine Erneuerung des europäischen Projekts setzt die Beantwortung folgender Fragen voraus: "Was sind die gemeinschaftlichen Ziele Europas? Welche öffentlichen Güter bedürfen eines gemeinsamen Vorgehens? Diese Überlegungen weisen selbstverständlich über den Bereich der Wirtschaft hinaus, sie decken auch grundlegende Machtfaktoren ab, wie z. B. Technologie, Energieversorgung oder aber Außen- und Sicherheitspolitik. In Föderationen sind die staatlichen Investitionen in diese öffentlichen Güter üblicherweise zentralisiert. In der Europäischen Union sind wir davon jedoch weit entfernt, obwohl wir mit den gleichen internationalen Herausforderungen konfrontiert sind."[48] Ein politischer Staatenbund setzt eine Übereinkunft über die Frage von Krieg und Frieden voraus und, letzten Endes, ein Mindestmaß an Einigkeit in außenpolitischen Fragen - wenigstens zwischen den für diesen Bereich wichtigen Staaten. Die gemeinsame Ausübung der außenpolitischen Kompetenzen der Mitgliedstaaten ist Dreh- und Angelpunkt auf dem Weg zur politischen Einigung Europas. Wenn es gelingt, die Unstimmigkeiten zwischen den EU-Staaten zu überwinden, wird dies die Debatte über eine echte politische Union erneuern; dann lässt sich die Frage nach einer neuartigen Teilung der Hoheitsrechte oder zumindest nach neuen Formen der gemeinsamen Ausübung dieser Hoheitsrechte neu stellen.

Seit Jahrhunderten ist Macht mit staatlicher Souveränität verbunden; sie ist das Produkt dreier Souveränitätshebel: Diplomatie, Verteidigung und Polizeigewalt. Diplomatie und Krieg sind die staatlichen Aufgaben par excellence, das Herzstück der Souveränität, Ausdruck der Westfälischen Funktionslogik der internationalen Beziehungen. Wie die militärischen Interventionen Frankreichs in Syrien und auf dem afrikanischen Kontinent, die Spannungen zwischen Russland und der Türkei oder aber die Entwicklungen der iranischen Politik zeigen, hat das Westfälische Analyseschema nichts von seiner Relevanz eingebüßt; und dennoch scheint die Macht der europäischen Staaten in einer globalisierten Welt zu schwinden und mehr denn je bedürfen sie der Einheit, um ihren Einfluss und ihre Interessen zu verteidigen.[49] In den Beziehungen der EU-Mitgliedstaaten ist das Souveränitätskonzept jedoch problembehaftet: Die EU ist kein Staat und die jeweiligen Kompetenzen der Staaten und anderen Verwaltungsebenen sind Verteilungskämpfen unterworfen. Die Festlegung der EU-Aufgaben gestaltet sich daher aus Sicht der Bürger wenig transparent und sie fragen sich, wie sie ihre politischen Rechte in diesem stark bürokratisch-diplomatisch geprägten System wahrnehmen können. Wenn es überdies einen Bereich gibt, in dem sich die Europäer einig sind, dass der Staat eine Rolle spielen sollte, so sind es die hoheitlichen Aufgaben (Haushaltsentscheidungen, Außenpolitik, Verteidigung, Einwanderung, Polizei, Wahrung der Sicherheit, energetische Unabhängigkeit). Der EU wurden diese hoheitlichen Aufgaben jedoch von Beginn an verweigert, da ihre Mitgliedstaaten stets auf die Verteidigung ihrer Souveränität bedacht waren. Bereits 1954 stellt sich Frankreich mit seiner Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gegen den Aufbau einer europäischen Verteidigung. Die EU widmete sich infolgedessen Umverteilungsaufgaben (Gemeinsame Agrarpolitik, Kohäsionspolitik), die Aneignungskonflikte hervorrufen. In einer globalisierten Welt wäre es indes logisch, dass die EU auch über hoheitsrechtliche Instrumente verfügt. Im Grunde genommen stellt dies sogar die Voraussetzung für den Aufbau einer europäischen Identität und einer politischen Union dar.

Egal ob es sich um islamistischen Terrorismus handelt, um den politischen Wandel in den Maghreb-Staaten oder im Nahen Osten, um die wiederholt auftretenden Spannungen mit Russland - insbesondere in der Ukraine-Frage - oder aber um die Auswirkungen der Relativierung des US-amerikanischen Machtanspruchs, die Europäer sind mit einer rapiden Verschlechterung der Bedingungen ihrer kollektiven Sicherheit konfrontiert. Darüber hinaus stellen die Regulierung der Einreise geflüchteter Menschen, der Kampf gegen den Klimawandel, die Bemühungen um die Sicherung der Energieversorgung und der Kampf gegen Ungleichheit und Armut - insbesondere der afrikanischen Länder - ebenso internationale Probleme dar, in deren Rahmen das europäische Handeln auf die Herausforderungen der Globalisierung trifft. Ein halbes Jahrhundert lang bestand der Sinn des europäischen Einigungsprozesses in wirtschaftlicher Integration und Introversion. Die Aufgabe der kommenden Jahrzehnte besteht darin, die politische Integration der EU und ihre Öffnung nach außen voranzutreiben, um Mitgliedstaaten und Bürger für neue gemeinsame Projekte zu gewinnen. Die EU muss sich einer in rasantem Wandel begriffenen Welt zuwenden und sich den ebenfalls im Wandel befindlichen globalen politischen Machtverhältnissen anpassen.[50] Dies setzt voraus, dass die Union ihre Sicht auf ihre eigene Rolle im Globalisierungsprozess verändert, in wirtschaftlicher wie in strategischer Hinsicht. Allzu oft geht die EU nicht strategisch vor und hindert sich dadurch selbst daran, größeren Einfluss auf das internationale Geschehen zu nehmen. Sie beschränkt sich selbst auf einen technischen Ansatz, der sich häufig als nützlich, manchmal als wirkungsvoll, aber nur selten als ausschlaggebend erweist. Die Europäische Union ist an die Beratung des "Forums" ihrer Mitgliedsländer gewöhnt, deren Machtkämpfe durch die Zugehörigkeit zur EU befriedet wurden. Künftig wird sie sich darauf verstehen müssen, ihre Werte und Interessen in der "Arena"[51] der internationalen Machtverhältnisse zu verteidigen. Die Herausforderungen, denen die Europäer heute gegenüberstehen, sind immens, vor allem da die Zutaten, die zu Frieden und Wohlstand in Europa beigetragen haben, zurzeit infrage gestellt werden. Um konkret und nachhaltig zu sein, benötigt die Wiederbelebung des europäischen Einigungswerks einen klaren politischen Horizont, durch den es gelingt, einen erneuerten Diskurs mit Inhalten zu füllen und letztendlich dem europäischen Projekt einen Sinn zu geben.

Angesichts der gemeinschaftlichen Ausübung von Hoheitsrechten, die dieses politische Projekt impliziert, muss die Debatte um die politische Dimension Europas neu angestoßen werden. Und auch wenn die Krisen, mit denen die Europäer konfrontiert sind, dazu führen müssen, die Debatte auf die Fragen nach einer echten politischen Union und nach der Regierungsform der EU zu lenken, kann sich die Fortführung der europäischen Integration nicht darauf beschränken, die Entwicklungen immer nur weiter voranzutreiben, und dies einzig im Namen der Notwendigkeit. Ein solches Projekt kann nur mit einem zuvor definierten Ziel und einer ausreichenden politischen Legitimität umgesetzt werden. Wenn die europäische Politik wieder einen Sinn erhalten soll, muss man dieses Problem eines fehlenden Rückgrats schnellstmöglich beheben und eine öffentliche Debatte über die künftigen Ziele der europäischen Einigung wagen. Diese Debatte muss drei Wahlmöglichkeiten klar gegeneinander abwägen:

Erstens gibt es diejenigen, die mit einer Rückkehr zum "Europa von früher" und einem Rückzug auf den Nationalstaat liebäugeln. Ein solches Szenario könnte vielen Bürgern mit der legitimen Forderung nach Schutz verlockend erscheinen. Es vermittelt das Gefühl, man würde Souveränität in Hoheits- und Sicherheitsfragen zurückgewinnen, und zwar in jenem politischen Rahmen, der als der "natürlichste" und schützendste wahrgenommen wird: der Nationalstaat. Diese Option ist außerordentlich risikobehaftet - sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht –, weil sie auf ein fragmentiertes, gespaltenes und geschwächtes Europa hinausläuft.

Als zweites bietet sich die Wahl des Status quo an. Wie wir gezeigt haben, wäre dies ein Fehler, da der Status quo keine langfristig sinnvolle und funktionierende Option darstellt. Die Geschichte lehrt uns außerdem, dass in Krisenzeiten die Angst vor Reformen ein politisches System in den Untergang treiben kann.

Und schließlich gibt es noch die Vision der Befürworter einer weltoffenen Vereinigung von Nationalstaaten: Angesichts des Unbehagens vieler Europäer ist ein langfristiges intellektuelles und politisches Projekt im Europa des 21. Jahrhunderts unabdingbar, wenn wir nicht wollen, dass sich unsere Gesellschaften von der modernen Welt abschotten. Um dieses Projekt im globalen Wettbewerb der Gesellschaftsentwürfe und Organisationsmodelle konkurrenzfähig zu machen, muss es im Wiederaufbau eines politischen, wirtschaftlichen und sozialen Modells bestehen, das genuin europäisch ist - basierend auf Freiheit, Solidarität, Werten, die als Quelle einer kollektiven Identität dienen können, Absicherung und internationalem Einfluss.


[1] Eine erste Fassung dieses Artikels erschien im Mai 2016 unter dem Titel The future of the European project, in: European Issue, Nr. 393, Robert Schuman Foundation, Paris. Die geäußerten Meinungen sind die der Autoren.
[2] 82 % der Europäer wünschen sich ein stärkeres Engagement der EU in der Terrorismusbekämpfung, 77 % in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, 75 % in der Bekämpfung von Steuerbetrug, 74 % beim Thema Einwanderung, 71 % beim Schutz der Außengrenzen und 66 % in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Vgl. Die Europäer im Jahr 2016, Eurobarometer Spezial des Europäischen Parlaments, Juni 2016, insbes. S. 20.
[3] Hannah Arendt definiert den Begriff der Krise als eine nie dagewesene Situation, die einen Bruch mit einer Vergangenheit einleitet, die nicht mehr die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt, um die Gegenwart zu begreifen und eine Vorstellung von der Zukunft zu entwickeln, vgl. Between Past and Future (1961) (auf Deutsch erschienen unter dem Titel Zwischen Vergangenheit und Zukunft, München 1994). Für Antonio Gramsci ist die Krise ein Zustand des Übergangs, "in dem das Alte abstirbt, aber das Neue noch nicht zur Welt kommen kann"; weiter beschreibt er dieses "Interregnum" als eine Zeit der "Monster", vgl. Quaderni dal carcere (quaderno 3) [dt. Gefängnishefte (3. Heft)], kritische Ausgabe des Gramsci Instituts, Turin 1975, S. 311.
[4] Vgl. Gérard Araud, Le monde à la recherche d'un ordre, in: Esprit, August/September 2014.
[5] Vgl. Thierry Chopin, Jean-François Jamet, Christian Lequesne, L'Europe d'après, Paris 2012.
[6] Vgl. Francis Fukuyama, The End of History and the Last Man (1992). (Auf Deutsch erschienen unter dem Titel Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir? übersetzt von Helmut Dierlamm, München 1992).
[7] In Zeiten, da wieder Stimmen laut werden, die für einen Rückzug ins Nationale plädieren, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass die EU immer noch der größte Globalisierungsakteur ist: Sie ist die größte globale Volkswirtschaft (17 % des BIP, gleichauf mit China, und vor den USA mit 16 %) und der weltweit größte Handelspartner in Bezug auf wirtschaftliche Austauschbeziehungen und Investitionsströme. Ausgestattet mit einer guten Infrastruktur und soliden Bildungssystemen, profitiert die EU in der Tat nach wie vor von den meisten ausländischen Direktinvestitionen weltweit. Darüber hinaus verfügt die Eurozone über eine international anerkannte Währung: Der Euro ist die zweitwichtigste Reservewährung der Welt.
[8] Vgl. Zbigniew Brzezinski, The Grand Chessboard: American Primacy and its Geostrategic Imperatives, New York 1997. Vgl. auch Michel Foucher, La République européenne, Paris 2000, S. 66-68.
[9] Vgl. Juan Diez Medrano, Framing Europe: Attitudes to European Integration in Germany, Spain and the United Kingdom, Princeton 2003 sowie Yves Bertoncini und Thierry Chopin, Politique européenne. Etats, pouvoirs et citoyens de l'UE, Paris 2010, S. 66-78.
[10] Vgl. z. B. Wolfgang Proissl, Why Germany fell out of love with Europe, in: Bruegel Essay, 2010.
[11] Vgl. Simon Bulmer, Germany in Europe: from tamed power to normalized power, in: International Affairs 86/5, 2010, S. 1051-1073; auch Pierre Hassner, L'Allemagne est-elle un pays normal?, in: Commentaire, Nr.129, Frühjahr 2010, S. 119-123.
[12] Speziell zum militärischen Gesichtspunkt vgl. Christian Lequesne, L'Allemagne et la puissance en Europe, in: Revue d'Allemagne et des pays de langue allemande, Bd. 47, Nr. 1, 2015, S. 5-13.
[13] Vgl. Thierry Chopin, France-Europe: le bal des hypocrites, Paris 2008.
[14] Vgl. Christian Lequesne, La France dans la nouvelle Europe, Paris 2008.
[15] Die Eurobarometer-Umfragen zeigen: Während 1973 nur einer von 20 Franzosen Frankreichs EU-Mitgliedschaft (damals noch EWG) negativ bewertete, war es 2010 schon jeder Vierte. Und die Wirtschaftskrise hat den Euroskeptizismus in der französischen Bevölkerung seit 2008 verschärft: So stieg das Misstrauen gegenüber der EU in Frankreich zwischen 2007 und 2013 um 23 %.
[16] Vgl. Olivier Rozenberg, France in quest of a European narrative, in: European Issue, Nr. 345, Robert Schuman Foundation, Februar 2015.
[17] Vgl. hierzu die Arbeiten von Ignacio Sanchez-Cuenca, The Political Basis of Support for European Integration, in: European Union Politics 1 (2), 2000, S. 147-171. Er argumentiert, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Korruptionsniveau eines Mitgliedslandes und der dortigen öffentlichen Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft besteht.
[18] Vgl. Jacques Rupnik, Le vent mauvais du populisme est-européen, in: Telos, November 2006.
[19] Die Krisen der vergangenen fünf Jahre haben die Entstehung gefährlicher Spannungen und Spaltungstendenzen zwischen den Völkern Europas begünstigt, beispielsweise den im Zuge der Eurokrise entstandenen Nord-Süd-Konflikt, der teils haarsträubende Vorurteile und Stereotype wiederaufleben lässt.
[20] Vgl. Sylvie Goulard und Mario Monti, De la démocratie en Europe. Voir plus loin, Paris 2012.
[21] Vgl. Philippe Martin, Thierry Mayer, Mathias Thoering, La mondialisation est-elle un facteur de paix?, in: Daniel Cohen und Philippe Askenazy (Hrsg.), 27 questions d'économie contemporaine, Paris 2008, S. 89-123.
[22] Vgl. Pierre Hassner, La revanche des passions. Métamorphoses de la violence et crises du politique, Paris 2015, Einleitung.
[23] Vgl. Cécile Leconte, Understanding Euroscepticism, Basingstoke 2010.
[24] Vgl. Nathalie Brack, Radical and Populist Eurosceptic Parties at the 2014 European Elections: A Storm in a Teacup?, in: The Polish Quarterly of International Affairs, Nr. 2, 2015, S. 7-17.
[25] Vgl. Dominique Reynié, Le vertige social-nationaliste, Paris 2005. Vgl. auch Daphne Halikiopoulou, Kyriani Nanou, Sofia Vasilopoulou, The paradox of nationalism: the common denominator of radical right and radical left Euroscepticism, in: European Journal of Political Research 51, 2012, S. 504-539 und D. Halikiopoulou, Radical left-wing Euroscepticism in the 2014 elections: a cross-European comparison, in: Is Europe afraid of Europe? An Assessment of the result of the 2014 European Elections, Wilfried Martens Centre for European Studies/Karamanlis Foundation, Brüssel/Athen, 2014.
[26] Vgl. Pascal Perrineau (Hrsg.), Les croisés de la société fermée. L'Europe des extrêmes droites, La Tour d'Aigues 2001. Der Begriff der "offenen Gesellschaft" geht zurück auf Karl Popper, The Open Society and Its Enemies (1945); deutsche Übersetzung Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Teil 1 und Teil 2, München 1957 und 1958.
[27] Vgl. Jacques Rupnik, L'Europe du Centre-Est à la lumière de la crise des migrants, in: Telos, 28. September 2015; und Lukas Macek, Refugee crisis: a future East-West rift in Europe?, in: European Interview, Nr. 88, Robert Schuman Foundation, Oktober 2015.
[28] Vgl. Yves Pascouau, The Schengen Area in Crisis - The Temptation of Reinstalling Borders, in: T. Chopin, M. Foucher (Hrsg.), Schuman Report on Europe - State of the Union 2016, Paris 2016.
[29] Vgl. Christian Lequesne, L'Union européenne après le traité de Lisbonne: diagnostic d'une crise, in: Questions internationales, Nr. 45, Paris, September/Oktober 2010.
[30] Vgl. Chris Bickerton (Hrsg.), The New Intergovernmentalism: States and Supranational Institutions in the Post-Maastricht Era, Oxford 2015.
[31] Vgl. Thierry Chopin, Jean-François Jamet, Europe and the crisis: what are the possible outcomes? Collapse, status quo or the continuation of integration?, in: European Issue, Nr. 219, Robert Schuman Foundation, November 2011.
[32] Zitat von Benoît Coeuré, Mitglied des EZB-Direktoriums, aus seiner Rede "Tirer les bonnes leçons de la crise pour la zone euro" im französischen Außenministerium anlässlich der Botschafterkonferenz in Paris am 27.08.2015. (Übersetzung: JS)
[33] Vgl. Douglas Webber, How likely is it that the European Union will disintegrate? A critical analysis of competing theoretical perspectives, in: European Journal of International Relations, 20(2), 2014, S. 341-365; D. Webber, European Disintegration? The European Union in Crisis (Palgrave Macmillan, Veröffentlichung geplant für 2017).
[34] Vgl. Vertrag von Maastricht, Art. 50.
[35] Vgl. Thierry Chopin, Jean-François Jamet, Le Brexit: la tension entre les deux Europe, in: La Vie des idées, 23.06.2016.
[36] Vgl. Jean-Claude Piris, Should the UK withdraw from the EU: legal aspects and effects of possible options, in: European Issue, Nr. 355, Robert Schuman Foundation, Oktober 2015.
[37] Vgl. Alternatives to membership: possible models for the United Kingdom outside the European Union, HM Government, März 2016. Im Falle des norwegischen Modells bliebe das Vereinigte Königreich zwar am europäischen Binnenmarkt beteiligt, verlöre jedoch einen Großteil seines Einflusses auf dessen Steuerung, da es von Entscheidungen über die Binnenmarktregeln ausgeschlossen wäre. Beim Schweizer Modell würde das Land unter anderem den freien Zugang zum Binnenmarkt verlieren, insbesondere für den Markt für Finanzdienstleistungen. Dieser ist aber von enormer Bedeutung für den Finanzplatz London, der wiederum einen wesentlichen Beitrag zur britischen Wirtschaftsleistung erbringt. Auch wäre es in diesem Fall nicht einfach, die schottische und die nordirische Frage zu lösen.
[38] Vgl. Thierry Chopin, Jean-François Jamet, After the UK's EU referendum: redefining relations between the two Europes, in: European Issue, Nr. 399, Robert Schuman Foundation, Juli 2016.
[39] Vgl. Artikel 112 des EWR-Abkommens.
[40] 26 Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die Einheitswährung einzuführen, sobald sie die notwenigen Voraussetzungen erfüllen, gemäß Artikel 3.4 des Vertrages über die Europäische Union - nur zwei Staaten, Dänemark und das Vereinigte Königreich, weichen hiervon ab; sie bilden damit jedoch die Ausnahme und nicht die Regel. Außerdem hat Dänemark seine Währung an den Euro gekoppelt und richtet seine Währungspolitik an der der Eurozone aus.
[41] Vgl. Europäische Kommission, Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden, vorgelegt von Jean-Claude Juncker, in enger Zusammenarbeit mit Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz, 22.06.2015, insbes. S. 5.
[42] Vgl. Eurobarometer Standard 83, Mai 2015. Frage QA18.1.
[43] Wir verweisen diesbezüglich auf eine Reihe von Beiträgen, die in der Zeitschrift Commentaire hierzu erschienen sind: Abram N. Shulsky, La démocratie libérale: victorieuse et assaillie, Nr. 148, Winter 2014-2015; das Dossier Le libéralisme politique. Victoire ou défaite?, Nr. 142, Sommer 2013; Pierre Manent, La crise du libéralisme, Nr. 141, Frühjahr 2013; Thierry Chopin, Jean-François Jamet, L'Europe libérale en question, Nr. 134, Sommer 2011.
[44] Thomas Piketty, Le capital au XXIe siècle, Paris 2013. (Auf Deutsch erschienen unter dem Titel Das Kapital im 21. Jahrhundert, übersetzt von Ilse Utz und Stefan Lorenzer, München 2014).
[45] Vgl. Pierre Hassner, L'Europe et le spectre des nationalismes, in: Esprit, Oktober 1991; übernommen in: La violence et la paix, Paris 1995; Jan-Werner Müller, Contesting Democracy: Political Ideas in Twentieth-Century Europe, New Haven 2011.
[46] Vgl. John Rawls, A Theory of Justice, Cambridge, Mass. 1971 (auf Deutsch erschienen unter dem Titel Eine Theorie der Gerechtigkeit, übersetzt von Hermann Vetter, Frankfurt a. M. 1979).
[47] Vgl. Nicole Gnesotto, Faut-il enterrer la défense européenne?, Paris 2014 ; und L'Europe a-t-elle un avenir stratégique?, Paris 2011. (Übersetzung: JS).
[48] Vgl. Benoît Coeuré, Tirer les bonnes leçons de la crise pour la zone euro, a. a. O. (Anm. 32).
[49] Vgl. Maxime Lefebvre, L'Union européenne peut-elle devenir une grande puissance?, Paris 2012.
[50] Vgl. Laurent Cohen-Tanugi, Quand l'Europe s'éveillera, Paris 2011.
[51] Vgl. Michel Foucher, The European System in the World and the Real World in Europe: a Dual Test, in: T. Chopin, M. Foucher (Hrsg.), Schuman Report on Europe - State of the Union 2016, a. a. O. (Anm. 28); und L'Europe et l'avenir du monde, Paris 2009.

Publishing Director : Pascale Joannin

Die Zukunft des europäischen Projekts

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